50'000 neue Zürcherinnen und Zürcher seit 2010. Die rotgrüne Antwort: 792 zusätzliche Wohnungen
Veröffentlicht am 19.10.2020 von Gemeinderat Severin Pflüger, Parteipräsident

Wenn Sie das so lesen, sind Sie da überrascht? Wir waren es. Hat doch Rotgrün die Bekämpfung steigender Wohnungspreise stets zum grossen Wahlkampfthema gemacht und Linderung durch staatlich geförderten Wohnungsbau versprochen. Wir wollten es genau wissen, und haben die Daten zur Wohnbautätigkeit der letzten zehn Jahre analysiert. Die Daten zeigen eindrücklich: Rotgrün war zwar an der Macht, im Wohnungsbau waren sie aber praktisch inexistent. Alles nur warme Luft. Dass die Stadt Zürich trotzdem wachsen konnte und eine hohe Lebensqualität besitzt, verdankt sie nicht der Planwirtschaft von Rotgrün, sondern der Agilität des privaten Sektors.
Bei unserer Datenanalyse haben wir uns auf die offiziellen Daten der Stadt Zürich gestützt und ausgewertet, welcher Wohnbauträger in den letzten 10 Jahren (2010 bis 2019) wie viele Wohnungen abgerissen und wie viele er neu gebaut hat (Sie finden alle statistischen Grundlagen zur Nachprüfung hier). In dieser Periode entstanden in der Stadt Zürich 16'636 zusätzlichen Wohnungen. 1'333 dieser zusätzlichen Wohnungen stehen im öffentlichen Eigentum, was 8% der Gesamtzahl entspricht. Die Genossenschaften haben 3'258 zusätzliche Wohnungen resp. 19.6% geschaffen. Den Rest hat der private Sektor gebaut, nämlich 72.4% resp. 12'045 Wohnungen.
Damit wird offensichtlich, dass nicht die sogenannten gemeinnützigen Wohnbauträger, bestehend aus Genossenschaften und der öffentlichen Hand, die durch die grosse Zuwanderung verursachte grosse Nachfrage befriedigen konnten. Es ist eindeutig, dass es der private Sektor war, der den notwendigen Wohn- und Lebensraum geschaffen hat.
Rotgrün hinkt damit weit hinter dem selbst gesteckten Ziel, dass ein Drittel des Wohnraums von Genossenschaften und der öffentlichen Hand gehalten werden soll, hinterher, und der Rückstand wird grösser und grösser. Aber geht man noch tiefer in die Zahlen und zieht die einzelnen politischen Geschäfte aus Gemeinde- und Stadtrat hinzu, dann wird die Leistungsbilanz von Rotgrün noch viel bescheidener!
Nicht alle neuen Wohnungen der Genossenschaften kann sich Rotgrün auf die eigene Fahne schreiben. Der ganz grosse Teil dieser neuen Wohnungen entstand nämlich durch Abriss und Neubau bestehender Genossenschaftswohnungen. Bei dieser Verdichtung agierten die Wohnbaugenossenschaften in jeglicher Hinsicht autonom und ohne politische Unterstützung. Ja, sie wurden dabei von Verwaltung und Politik ähnlich gegängelt und behindert, wie wenn sie private Investoren gewesen wären. Eindrücklich lässt sich das in Bezug auf die Erneuerung einiger Teile des Quartiers Friesenberg, welches am 26. August 2020 im Gemeinderat verhandelt wurde, nachzeichnen. Bei genauem Hinsehen zeigt sich, dass von den 3'258 zusätzlichen Wohnungen der Genossenschaften lediglich 805 Wohnungen auf eine politische Initiative zurückgingen. Es waren dies geordnet nach dem Jahr der politischen Beschlussfassung die Folgenden:
- 2011 Kalkbreite, 88 Wohnungen
- 2012 Tièchestrasse, 79 Wohnungen
- 2014 Hunzikerareal, 450 Wohnungen
- 2014 Felsenrainstrasse, 14 Wohnungen
- 2016 Letzigraben, 36 Wohnungen
- 2017 Obsthalden, 138 Wohnungen
- Total 805 Wohnungen
Doch auch hier kann Rotgrün nicht alle Wohnungen für sich proklamieren. Bei den ersten drei Genossenschaftsbauten dieser Liste (Kalkbreite, Tièchestrasse und Hunzikerareal) war der freisinnige Martin Vollenwyder der verantwortlichzeichnende Stadtrat. Die Rolle von Martin Vollenwyder ist hier nicht zu unterschätzen. Für ihn hatte der gemeinnützige Wohnungsbau eine wichtige soziale Aufgabe zu erfüllen. Ein gutes Verhältnis von staatlich gestütztem und privatem Wohnungsbau war ihm wichtig. Die Vorstellung von Rotgrün jedoch, dass der staatlich gestützte Wohnungsbau dem privaten grundsätzlich überlegen sei, war ihm selbstredend fremd. Doch im Gegensatz zu Rotgrün handelte er und schuf Wohnungen anstatt es nur zu fordern und nichts dafür zu unternehmen. Nicht unerwähnt soll in diesem Zusammenhang bleiben, dass Martin Vollenwyder mit dem Projekt Tièchestrasse eine Motion von FDP-Gemeinderat Albert Leiser erfüllte. Es bleiben nur sehr bescheidene 188 Genossenschaftswohnungen, die man der rotgrünen Mehrheit anrechnen kann. Lächerliche 1.1% aller zusätzlich geschaffener Wohnungen.
Etwas besser – aber nicht viel besser – sieht es bei den kommunalen Wohnungsbauten aus. Von den 1'333 Wohnungen der öffentlichen Hand gehen 825 Wohnung auf die Stadt Zürich zurück. Konkret handelt es sich um die folgenden kommunalen Wohnsiedlungen, geordnet nach dem Jahr der politischen Beschlussfassung:
- 2013 Kronenwiese 99 Wohnungen
- 2015 Hornbach 122 Wohnungen
- 2018 Herdern 46 Wohnungen
- 2019 Leutschenbach 365 Wohnungen
- 2020 Hard 193 Wohnungen
- Total 825 Wohnungen
Auch hier gehen zwei grosse Überbauungen nicht aufs Konto von Rotgrün, sondern wiederum aufs Konto von Martin Vollenwyder (Kronenwiese und Hornbach). Bleiben noch 604 Wohnungen von Rotgrün: 3.6% oder ein Tropfen auf einen heissen Stein.
Zusammen ergibt das die im Titel erwähnten 792 Wohnungen in 10 Jahren. Eine äusserst bescheidene Leistungsbilanz. Krass, in welchem Missverhältnis das zur schrillen Rhetorik, die Rotgrün im Gemeinderat, in den sozialen Medien und auf der Strasse pflegt, steht. Krass, in welchem Missverhältnis das zu den geweckten Erwartungen der Bevölkerung steht.
Rotgrün profiliert sich seit Jahren damit, den privaten Sektor zu verunglimpfen und ihn für die angebliche Wohnungsnot verantwortlich zu machen. Dabei war es der private Sektor, der die Wohnungen bereitstellen konnte, um das Bevölkerungswachstum zu meistern. Man stelle sich vor, der private Sektor hätte in den letzten zehn Jahren keine Wohnungen gebaut. Es würden 12'000 Wohnungen fehlen. Die Mietpreise wären durch die Decke gegangen.
Es ist an der Zeit, das Märchen zu entzaubern, dass der private Sektor für eine Wohnungsnot in der Stadt Zürich verantwortlich sei, und Rotgrün die Lösung habe. Rotgrün hat fast nichts erreicht. Und wir sind auch froh, dass sie fast nichts erreicht haben. Man stelle sich vor, die Stadt Zürich hätte 12'000 Wohnungen bauen müssen. So viele Grundstücke hätte sie nie zusammenkaufen können. Allein das hätte einen zweistelligen Milliardenbetrag gekostet. Die Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt wären fatal gewesen (vgl. Blogartikel von Moritz Falck). Die Immobilienpreise wären ins unermessliche gestiegen und der Wohnraum für all jene, die nicht das Glück haben, Genossenschafter zu sein, wäre in astronomische Höhen gestiegen. Und gebaut hätten die für Hochbau und Finanzen verantwortlichen rotgrünen Stadträte. Jene die Mühe bekunden, rechtzeitig den notwendigen Schulraum zu bauen, mit Budgetüberschreitungen und zeitlichen Verzögerungen bei der Kongresshauserneuerung zu kämpfen haben und auf dem Kochareal langsamer sind als jeder andere Bauträger (vgl. Blogartikel «Das schaffen die nie»). Es wären mit Sicherheit nicht Wohnungen gebaut worden, die der Nachfrage entsprochen hätten, sondern Wohnungen, die der Ideologie von Rotgrün und dem Geschmack Ästheten im Hochbaudepartements gefolgt wären.
Sind wir also alle dankbar, dass Rotgrün die vollmundigen Versprechen nicht halten konnte und der agile private Sektor hat einspringen können.
Umso weniger sollten wir ihren Wahlkampfversprechen glauben, wenn wir bedenken, wie Rotgrün den Wohnungsbau jüngst torpediert. Sei es beim Hardturmstadion oder wenn Gabi Petri und Markus Knauss die neue Überbauung im Brunau zu Fall bringen wollen.
Wenn wir das Wohnungsproblem lösen wollen, dann brauchen wir mehr agilen privaten Sektor und auch mehr Freiheit für die Genossenschaften, die sich selbst entwickeln wollen. Rotgrüner Dirigismus schadet da nur.
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