Das Gartenzwergverbot
Veröffentlicht am 29.03.2022 von Severin Pflüger, Gemeinderat Kreis 11
Wer einen Vorgarten hat, der will ihn schön gestalten und stellt etwas auf. Den einen gefallen Gartenzwerge im Rasen, den anderen gefallen aus Armierungseisen geschweisste Paradiesvögel im Steingarten.
Die Mobimo hat sich vor mehr als zehn Jahren an der Turbinenstrasse ihren Mobimo Tower gebaut. Ein 24 Stockwerk hoher Turm mit Hotel und Apartments. Entsprechend der Grösse dieses Hauses ist auch der Vorgarten gross ausgefallen. Es ist ein öffentlicher Platz mit einem Café und Bäumen. Dort, wo in einem normalen Vorgarten ein Gartenzwerg oder ein rostender Paradiesvogel steht, findet sich hier eine - im wahrsten Sinn des Wortes - monumentale Skulptur des monumental berühmten Schweizer Künstlers Not Vital. Ein gigantischer Monolith aus Beton, höher als breit und länger als hoch. Der Namen dieses Steins: „No Problem!“
Die Gemeinderäte Stefan Urech (SVP) und Urs Helfenstein (SP) fanden an diesem grossen Stein grossen Anstoss. Er gefiel ihnen einfach nicht. Zu gross. Zu hässlich. Zu unbequem. Sie verlangten mit einem Postulat vom Stadtrat, dass er die Mobimo bittet, das Kunstwerk vom eigenen privaten Grund zu entfernen.
Wir alle gingen davon aus, dass dieses Postulat im Rat keine Chance haben würde. Doch leider haben wir uns getäuscht. Die Abneigung der SP und der Grünen gegen grosse Immobilienentwickler, wie die Mobimo, vernebelte ihr Kunstverständnis, und das mangelnde Kunstverständnis der SVP vernebelt deren Abneigung gegen staatliche Eingriffe in privates Eigentum. Und so wendeten sie sich gemeinsam gegen das Eigentum, das ihnen zu privat ist, und gegen die Kunst, die ihnen zu hässlich ist. Das Postulat ging mit einer soliden Mehrheit durch. Die unheilige Allianz spielte.
Wehe all den Gartenzwergen und rostigen Paradiesvögeln. Denn wenn der Stadtrat den Auftrag, den er da vom Parlament erhalten hat, weiterdenkt und konsequent umsetzt, dann wird er bei allen Hauseigentümern, die ästhetisch Fragwürdiges in ihre Vorgärten stellen, vorsprechen und Beseitigung verlangen müssen.
Über Kunst und Kitsch lässt sich streiten. Sie zu verbieten, weil sie dem Zürcher Gemeinderat nicht gefällt, das ist einer offenen Stadt wie Zürich nicht würdig: No Problem!