Rosa Brille absetzen Das integrative Schulsystem ist gescheitert
Veröffentlicht am 13.06.2024 von Yasmine Bourgeois, Gemeinderätin FDP Stadt Zürich
Längst ist klar, dass dem integrativen Schulsystem höchstens noch durch die rosa Brille betrachtet etwas Positives abgewonnen werden kann. Realitätsverweigernde Bildungsexperten reden es zwar nach wie vor schön. Augenwischende Scheinargumente werden kreiert wie: «Unsere Gesellschaft entwickelt sich, genauso muss sich eine Schule entwickeln und sich der Gesellschaft anpassen.» Übersetzt heisst das: Wir sollen alle gleich sein. Und sind wir nicht gleich, dann verwischen wir die Ungleichheit halt künstlich. Darum wird an den Schulen akribisch darauf geachtet, dass möglichst kein Unterschied zwischen den Kindern sichtbar ist. Noten sollen abgeschafft werden, Sportwettkämpfe finden fast nur noch in jahrgangsgemischten Gruppen statt, niemand soll sich von den anderen abheben. Diese weltfremde Sicht kann die Tatsache nicht verschleiern, dass einige Kinder anders sind. Auch ist ein gesunder Wettbewerb untereinander erwiesenermassen durchaus fördernd für die Entwicklung der Kinder und die Vorbereitung auf das Berufsleben. Denn im Berufsleben zählt ja hoffentlich trotz aller Weichspülung und Verhätschelung nach wie vor zumindest ein gewisses Mass an Leistung, um weiterzukommen.
Es gibt in den heutigen Regelklassen Kinder, die normal- oder hochbegabt sind, leichte bis massive Lernschwierigkeiten aufweisen oder solche, die verhaltensauffällig sind – und dies in vielen unterschiedlichen Ausprägungen. Dafür haben die Befürworter dieses Systems einfache Rezepte: möglichst viel Stützpersonal wie Klassenassistenzen, Heilpädagogen, Sozialarbeiter, Senioren, Zivildienstleistende und in der Stadt Zürich auch noch Betreuungspersonal. Alle sollen sich ein bisschen um die Kinder mit speziellen Bedürfnissen kümmern. Das führt dazu, dass in den Klassenzimmern der Regelklassen ein Kommen und Gehen herrscht. An fokussiertes Lernen ist kaum mehr zu denken. Klassenlehrer sind am Anschlag, weil sie sich mit zahlreichen Personen koordinieren und sich um verschiedenste Bedürfnisse kümmern müssen. Und zusätzlich müssen sie Kindern, die beispielsweise aufgrund auffälligen Verhaltens mit der Klassenassistenz rausgeschickt wurden, den verpassten Stoff erklären. In einer solchen Umgebung kommt niemand mehr auf seine Kosten - weder die Kinder mit speziellen Bedürfnissen, noch die Regelklassenkinder. Für Kinder mit auffälligem Verhalten gibt es im heutigen System häufig nur noch die Variante einer teuren, externe Sonderschule. Und eine solche wird für die Kinder zu allem Übel erst dann in Betracht gezogen, nachdem sie schulintern monatelang mit Klassenassistenzen oder Zivis aus dem Klassenzimmer geschickt, in Parallelklassen oder an eine andere Regelschule versetzt wurden.
Vor diesem Hintergrund wurde die überparteilich breit abgestützte Förderklassen-Initiative lanciert. Förderklassen bilden ein Zwischengefäss zwischen Regelklasse und teurer, externer Sonderschule. In einer solchen kleineren Klasse sollen Kinder, die mehr Zeit oder Hilfe benötigen, von einer heilpädagogisch ausgebildeten Lehrperson auf ihrem Niveau unterrichtet werden. Eine Rückkehr in die Regelklasse soll jederzeit möglich bleiben. So können Kinder innerhalb des gleichen Quartierts oder gar innerhalb der gleichen Schule bedürfnisgerecht gefördert werden. Die Regelklassen werden damit entlastet und brauchen massiv weniger Stützpersonal. Die Klassenlehrer können wieder auf den Unterricht fokussieren. Und alle Schüler können ihren Bedürfnissen und Begabungen entsprechend geschult und gezielt auf das Leben nach der Schule vorbereitet werden.
Mehr Informationen und den Unterschriftsbogen zur Förderklassen-Initiative finden Sie unter: www.schule-mit-zukunft.ch
Dieser Artikel ist am 09. Juni im Nebelspalter erschienen.