Neue schräge Vögel, die das Herz erfreuen?
Veröffentlicht am 12.06.2023 von Roger Suter, Gemeinderat FDP Kreis 4+5
Selten war eine Gemeinderatssitzung so emotional wie am 7. Juni 2023. Alfred Hitchcock wäre stolz gewesen, die Spannung hielt bis zum Schluss. Die Debatte zeugte von vertauschten Rollen: die SP wollte Steuern sparen!, die AL wollte keine Unruhe und enthielt sich, die Grünen beschlossen Stimmfreigabe und dem Fraktionschef der SVP wurde das Mikrophon abgestellt.
Was aber liess die Emotionen so hoch gehen?
Es ging um Federvieh, genauer um zwei „Ramphastos toco“ (Riesentucan), die einen Vorgänger Namens „Bosi“ – welcher 2017 in die ewigen Vogeljagdgründe ging – ersetzen sollten. Tukan „Bosi“ war der heimliche Star in der Stadtgärtnerei, er wurde dort von vielen Menschen bestaunt, war handzahm und somit dort heimisch. Er sorgte bei Jung und Alt für sehr viel Freude.
Das Postulat von Flurin Capaul und meiner Wenigkeit forderte ein Tukanpärchen, welches wieder in der Stadtgärtnerei leben dürfte. Es leben noch andere schräge und weniger schräge Vögel in der Stadtgärtnerei. So sind neben anderen der „Purpurglanzstar“ oder auch der „Safranfink“ dort zu finden.
Von linker Seite – wo die Steuergelder normalerweise sehr locker sitzen – wurde argumentiert, dass wir das Geld nicht hätten (Ein Tukan kostet einmalig ca. 5000.-, da man aber auch eine Bosine halten soll, nochmals 5000.-, jährlicher Unterhalt ca. 10‘000.-).
Bosi wurde 18 Jahre alt, das macht nach Adam Riese 200‘000 CHF.- – oder anders formuliert: Zwei Monate Miete fürs alte Rathaus. Kenner wissen, dass das Parlament neu in der Bullingerkirche tagt und das alte Rathaus ungenutzt trotzdem Miete generiert. Total 1.6 Millionen. Dividiere ich diese 1.6 Millionen durch die 10‘000.- Unterhaltskosten, so komme ich auf 160 Monate. Also knapp 13 Jahre lang. 13 Jahre Freude für Jung und Alt.
Aber lassen wir uns von einem weiteren Budgetposten ebenso erfreuen wie es Bosi machen würde. Das Projekt heisst: „Brings uf d Strass“ und wird jedes Jahr mit 430‘000.- budgetiert. Da es zum dritten Mal stadtfindet, kommen nochmals 1,29 Mio. auf Bosis „Haben“-Konto. Für die Stadt Zürich natürlich ein voller Erfolg, für die Quartierbevölkerung eher „suboptimal“ und für das Gewerbe eine Katastrophe, gemäss eigener Umfrage.
Für Bosi und Bosine nahm die Ratsdebatte kein gutes Ende.
So locker die Steuerspendierhöschen sonst sitzen, so fest sassen Sie diesmal. Nur FDP / Mitte EVP und ein paar Abweichler standen zu Bosi. Man mag den Vogel unpassend finden, aber eine Zuschrift einer Dame aus dem Kreis 7 brachte es auf den Punkt: „das farbige Tukan Nachfolge-Paar ist keine weltbewegende, aber Herzen erfreuende Angelegenheit.“ Schade, dass die Mehrheit kein Gehör für das ornithologische Gemüt unserer Stadt hatte.