Zürich Zureich?
Veröffentlicht am 07.07.2022 von Alexander Brunner, Gemeinderat FDP Kreis 7+8
Ich nehme an, dass vielen von ihnen der Slogan «Zürich Zureich» noch ein Begriff ist. Dieser prangerte jahrelang prominent auf dem Dach des Wohlgroth Areals am Hauptbahnhof. Als junger Mann fand ich das Wortspiel irgendwie clever. Das Areal gibt es zwar nicht mehr, die Vorstellung des reichen Zürichs lebt jedoch im Gemeinderat munter weiter: Häufig durfte ich von Ihnen Voten wie «Zürich ist eine der reichsten Städte und kann sich das leisten» hören.
Seit ich Ende 2015 Einsitz im Gemeinderat nahm, mussten wir uns nicht um versiegende Einnahmen Gedanken machen. Das Geld sprudelte scheinbar von selbst und sparen mussten wir nie - trotz Corona-Pandemie und Steuerreform. Ein Paradies für jeden Politiker und Politikerin! Jedoch gibt es beunruhigende Anzeichen, dass sich das ändern wird. Es droht eine weltweite Inflation in Kombination mit einer Rezession – eine gefährliche Mischung. Damit wird die Wirtschaft für viele Menschen wieder in den Fokus rücken. Sei es wegen steigenden Lebenskosten oder Energieknappheit.
Seit der Finanzkrise im 2008 pumpten Zentralbanken weltweit ungeheure Summen in das Wirtschaftssystem, das zu steigenden Preisen bei Aktien, Häusern, Luxusuhren und Bitcoin führte. Seit Anfang Jahr entweicht die Luft aus dieser Riesenblase, die Inflation ist zurück und in den USA wie Europa fürchtet man sich vor einem Wirtschaftseinbruch. Ein solcher kann auch Zürich als Wirtschaftsmotor treffen.
Das Wohlergehen der Wirtschaft war ein Thema, dass der Gemeinderat weitgehend ignorierte. Das hat sich schon geändert und es kann durchaus sein, dass sie sich bald mit schrumpfenden Einnahmen auseinandersetzen müssen. Sparen wäre angesagt. Können sie das noch? Wissen sie noch, wie sich das anfühlt?
Ich wünsche mir wirklich, dass Zürich «zu reich» bleibt. Denn der Wirtschaftsnobelpreisträger Professor Angus Deaton hat es prägnant auf den Punkt gebracht: «Wirtschaftswachstum ist der Motor, der für die Überwindung von Armut und materieller Entbehrung sorgt». Kurzum, eine reiche Stadt sorgt für eine hohe Lebensqualität für alle Bewohner. Alle! Gemäss Tim Leunig von der London School of Economics sind reiche Gemeinschaften auch in allem besser, was uns allen wichtig ist: Von der Gleichstellung bis zu einer tieferen Kriminalität und einer höheren Lebenserwartung.
Eine blühende und wachsende Wirtschaft ist somit die Grundlage für eine lebenswertes Zürich: Nur so lässt sich der Klimawandel bewältigen, die Mobilitätsinfrastruktur verbessern und Menschen in misslichen Lagen helfen. Ja, Sie tragen auch für eine gesunde Wirtschaft die Verantwortung! Eine erfolgreiche Wirtschaft ist ein Willensakt, der von uns allen erbracht werden muss. Daher wünsche ich ihnen allen, dass sie den Blick für die wirtschaftlichen Zusammenhänge schärfen. Für ein erfolgreiches und lebenswertes Zürich für uns alle!
Vielen herzlichen Dank und ihnen allen alles Gute und gutes Gelingen!
Alexander Brunner
Bild von Jörg Vieli auf Pixabay