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Something is rotten in (the state of Denmark) der Theaterszene Zürich.

Veröffentlicht am 13.02.2025 von

Flurin Capaul, Gemeinderat Kreis 3

Der Einfachheit halber konzentrieren wir uns auf drei exemplarische Beispiele: das Schauspielhaus, die Konzeptförderung Tanz- und Theaterlandschaft (TTL) und die fehlende Governance des Theater Gessnerallee.  

Schauspielhaus 

Die Geschichte des Schauspielhauses ist von einem 30-jährigen Abstieg geprägt. 15 Jahre davon unter der amtierenden Stadtpräsidentin Corine Mauch, die gelassen zuschaut und nicht handelt.  

Wenn man 30 Jahre zurückgeht, zeichnet sich ein Bild des Grauens: In der Saison 1994/95 hatte das Schauspielhaus fast 200'000 Zuschauer – damals allein im Haus am Pfauen, also noch ohne den heutigen Schiffbau. Heute, 30 Jahre später, sind es im Haus am Pfauen alleine noch gut 72'000 Besucherinnen und Besucher – noch knapp ein Drittel des Höchststands. Zum Vergleich: Das sind weniger Besucherinnen und Besucher als im viel kleineren Bernhard-Theater (!). 

Vor 30 Jahren verdiente das Schauspielhaus an der Abendkasse noch knapp neun Millionen, heute sind es noch etwa drei Millionen Franken. Dies, obwohl man mit dem Schiffbau seit dem Jahr 2000 ein zweite Spielstätte besitzt. Im selben Zeitraum verdoppelten sich hingegen die Subventionen von knapp 20 auf 40 Millionen Franken.  

Die anhaltende Erfolglosigkeit beim Publikum macht sich auf schwerwiegende Art und Weise in der Erfolgsrechnung und der Bilanz sichtbar. So werden etwa Mittel, die eigentlich für eine zukunftsorientierte Digitalbühne beim Kanton beantragt wurden, umgewidmet, um die Infrastruktur zu sanieren. Weil die Instandhaltung der Obermaschinerie (Seilzüge für Bühnenbilder u.ä.) nicht aus den eigenen Abschreibungen finanziert werden kann.  

Ein weiteres Warnsignal ist die Geheimniskrämerei gegenüber dem Parlament, welches beträchtliche Subventionen bewilligen soll. Dass teilweise Fragen nicht beantwortet werden, obwohl fast 85% der gesamten Mittel von der Stadt Zürich gestellt werden, ist unverständlich. Wenn weder Gemeinderat noch Öffentlichkeit Antworten erhalten, ist es Sache der Geschäftsprüfungskommission des Gemeinderats nachzuhaken. Die Frage nach den tatsächlichen Reserven ist zentral: Mit der aktuellen Bilanz (2,6 Mio. Franken Eigenkapital) reicht schon eine einzige schlechte Saison – wie etwa während Corona – für drastische Sanierungsmassnahmen. Betriebswirtschaftlich nicht minder interessant, ist die Tatsache, dass man in den letzten 20 Jahren rund 4,5 Mio Franken Reserven aufgelöst hat, mehr als das gesamte Eigenkapital von heute.  

Uns ist es auch egal was für ein Programm im Schauspielhaus geboten wird. Der entscheidende Punkt ist, dass es ein Publikum findet. Denn nur mit Zuspruch – auch an der Abendkasse – ist das Schauspielhaus gesund für die Zukunft. 

Konzeptförderung Tanz- und Theaterlandschaft (TTL)  

In der Kulturförderung erarbeitete man ein neues Konzept für die Unterstützung der Tanz- und Theaterlandschaft – kurz TTL. In der Begründung finden sich durchaus nachvollziehbare Sätze wie „Neue Ideen und neue Orte in der Zürcher Tanz- und Theaterlandschaft hatten wenig Chancen auf eine nachhaltige Förderung“.  

Was tut nun die Stadt Zürich? Sie beauftragt ein Büro aus Österreich, um ein neues Konzept auszuarbeiten und gibt dafür eine Million Franken aus. Im Rahmen dieses neuen Konzepts mussten sich die Theater neu bewerben. Die Aufwände für die Bewerbung wurden auf rund eine halbe Million Franken geschätzt. Nach Abschluss der Bewerbungsrunde, fiel der Entscheid die beiden Laientheater „Keller 62“ und „STOK“ aus der Förderung zu werfen. 

„Keller 62“ und „STOK“ wurden jährlich mit total 125'000 Franken unterstützt und das - notabene - bei einem unglaublich hohen Eigenfinanzierungsgrad von über 70%. Die Ausarbeitung des bürokratischen Ungetüms „TTL“ kostete hingegen das Achtfache. Man hätte problemlos acht Jahre nichts tun können und das Resultat wäre besser gewesen. Die jeweiligen Theater hätten sich auch noch die halbe Million für die Beübung durch die städtische Kulturbürokratie sparen können.  

Auch hier zeigt sich exemplarisch das Problem der Kulturpolitik der Stadt Zürich : Man verwaltet teure Leitbilder und Konzepte, statt Kultur zu gestalten.  

Governance am Beispiel Gessnerallee 

Das Theater Gessnerallee ist ein gutes Beispiel für das Fehlen grundlegender Kontrolle durch die Stadt Zürich über ihre subventionierten Betriebe. Ein Blick in die Statuten des Vereins, der das Theater betreibt, zeigt: Das erklärte Ziel ist die Förderung des freien Tanz- und Theaterschaffens – Präsentation, Produktion und Vernetzung. Zudem verfolgt der Verein keine kommerziellen, sondern ausschliesslich gemeinnützige Ziele. 

Erhellend ist dann ein Blick in den Geschäftsbericht: Fein säuberlich weisen die verschiedenen Sparten folgende Zuschauerzahlen aus:  

  • «Theater/Tanz/Performance» 7’504 

  • «Kontext» 677 

  • «Community» 2’186 

  • «Music/Club/Konzert» 15’277  

  • «Kommerzielle Vermietungen» 5’007 

Oder anders formuliert: Die Hälfte der Zuschauer vom Theater Gessnerallee sind Konzert- oder Partygänger – das im direkten Widerspruch zu den eigenen Statuten.  

Auch sonst mangelt es an grundlegender Governance. An der Generalversammlung 2023 des Vereins, der die Subventionen der Stadt erhält, waren - sage und schreibe - 14 stimmberechtigte Mitglieder anwesend. Davon war nur ein einziges wirklich unabhängig – die übrigen waren Vorstands- oder Geschäftsleitungsmitglieder, vom Verein mandatiert oder Mitarbeitende des Theaters. Die Dechargé wurde dem Vereinsvorstand einstimmig erteilt. Als Vergleich dazu: An der GV des Quartierverein Wiedikon nehmen 150 stimmberechtige Personen teil und der Vorstand tritt bei der Dechargé in den Ausstand. 

Sie sehen es – es ist eine Tragödie.  

Die drei Beispiele – Schauspielhaus, TTL und Gessnerallee – zeigen symptomatisch auf, was  in der Kulturpolitik der Stadt Zürich falsch läuft.  

Oder kurz zusammengefasst: 

Something’s rotten in the Theaterszene Zürich.  

Angelehnt an das Votum im Gemeinderat von Flurin Capaul, 5. Februar 2025 auf Interpellation 2024/249. 

HIER finden Sie die Interpellation von Yasmine Bourgeois und Flurin Capaul. 

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