Ein neues zusätzliches Sozialwerk für die Stadt Zürich
Veröffentlicht am 11.04.2023 von Patrik R. Brunner, Gemeinderat FDP Kreis 6
Am 05. April 2023 wurde im Gemeinderat das unscheinbare Geschäft mit der Nummer 2022/606 beraten. Es nennt sich «Verordnung über Energiekostenzulagen (VEZ)». Was so unschuldig klingt, hat es dick hinter den Ohren.
Es geht um nichts weniger als ein zusätzliches Sozialwerk in der Stadt Zürich. Mit dieser Vorlage sollen die bezugsberechtigten Haushalte einen Teil der Teuerung für Energiepreise bezahlt bekommen. Anlass für diese Verordnung ist der Krieg in der Ukraine und der damit verbundene Preisanstieg für fossile Energieträger wie Öl, Gas, Holz und Strom. Kurz gesagt, die linksgrüne Stadt Zürich subventioniert nun umweltschädliche Energieträger, die sie sonst überall bekämpft. Basis dieser Vorlage war ein Postulat der AL.
Wenn der benutze Energieträger in den letzten drei Basisjahren einen Kostenzuwachs von mindestens 30% ausweist, bezahlt die Stadt Zürich Beitragsberechtigten einen Pauschalbetrag aus, damit die erhöhten Preise die einkommensschwachen Haushalte nicht zusätzlich belasten. Bezugsberechtigt sind alle Haushalte und Personen, welche im betroffenen Jahr einen Anspruch auf die Individuelle Prämienverbilligung (IPV) des Kantons Zürich hatten. Es gibt zwar keinen formellen Zusammenhang zwischen Krankenkassenprämie und Energiekosten, doch die Stadt Zürich betrachtet den Anspruch auf die Prämienverbilligung als Armutszeugnis der betroffenen Haushalte. So lagert sie die teure und aufwändige Prüfung von Antragsstellern auf den Kanton aus. Dass in der Stadt Zürich rund 37.5% der Haushalte, rund 40'000, die IPV ausbezahlt bekommen, und somit nach diesem Kriterium als arm gelten (nach Leseart der Stadt «Einkommensschwach»), kümmert die Stadt nicht. Es spielt den linksgrünen Parteien in die Hände (z.B. für weitere Sozialwerkfantasien wie die Basishilfe, vgl. HIER und HIER.
Die Kosten beziffert das Sozialdepartement und dessen Vorsteher Raphael Golta (SP) mit 18 Millionen Franken. Wenn man aber von der maximalen Pauschale für Haushalte (1'573 Franken) und den IPV Bezugsberechtigten Haushalte ausgeht (rund 40'000) kommt man auf ein Kostendach von 62 Millionen Franken pro Jahr. Pauschal. Ohne weitere Prüfung.
Warum fossile Energieträger von der Stadt Zürich subventionieren lassen?
Der FDP ist diese Vorlage völlig unverständlich. Ohne Not und wirkliche Grundlage wird hier ein neues schwammiges Sozialwerk etabliert, das jederzeit von Linksgrün nach dessen Gusto aufgeweicht oder ausgedehnt werden kann. Das Vertrauen in die linksgrüne Mehrheit, dass diese Verordnung kommendes Jahr nicht auf 20% oder gar 10% Kostensteigerung gesenkt, oder der Betrag willkürlich erhöht würde, ist nicht besonders hoch. Daher hatten wir in der Kommission zwei Dispositivanträge gestellt. Der eine sollte die Eigentumsbesitzer miteinschliessen, denn diese wurden in der vorliegenden Vorlage ausgeschlossen. Das bringt in Bezug auf die Kosten zugegebenermassen keinen guten Einfluss. Aber das Gebot der Rechtsgleichheit hat uns zu diesem Antrag motiviert: Man kann nicht nur die eigene Klientel in der Stadt bedienen. Die Gesetze sollen für alle gelten.
Viel wichtiger war, den zweiten Antrag, eine «Sunset-Klausel», einzubauen, damit das Geschäft in vier Jahren nach der ersten Auszahlung stirbt. Wenn es je eine Verordnung gegeben hat, die eine «Sunset-Klausel» verdient hat, dann diese. Die Begründung für die Vorlage ist gerade ein, hoffentlich, temporärer Umstand in Osteuropa. Zu Recht denken Sie, dass es gar keine Sunset-Klausel braucht, das Geschäft sei abzulehnen. Da geben Ihnen die FDP und ich recht. Und so haben wir das Geschäft in Gemeinderat auch abgelehnt. Aber die Mehrheiten sind so klar, dass das Gesetz so oder so durchkommt. Entweder man beharrt stur auf seinem Standpunkt und geht mit wehenden Fahnen unter (was die SVP regelmässig gerne tut), oder man versucht, das Schlimmste zu verhindern (was die FDP regelmässig versucht). Mit GLP und der Mitte hätte man nach der Debatte noch Werkzeuge gehabt, das Gesetz vor die Bevölkerung zu bringen. Während den Beratungen war die Mitte in ablehnender Haltung zum Geschäft, hat sich dann aber von den linksgrünen Parteien verführen lassen und wechselte in die Zustimmung. Die angebotene Verführung der Linken war aber auch gut. Obwohl Linksgrün die «Sunset-Klausel» im Rat abgelehnt hat, hat sie mit der Mitte ein Postulat (2023/182) eingereicht, das eine Sunset light-Version erlaubt. Vier Jahre nach der ersten Auszahlung soll der Stadtrat einen Bericht verfassen, wie gut das neue Sozialwerk ist und funktioniert. Danach darf das Parlament über die Weiterführung entscheiden. Auch die FDP unterstützt dieses Postulat, ist es doch ein Strohhalm, an den wir uns gerne klammern. Wenn die Mehrheiten weiterhin so bleiben, verlieren wir auch diese Abstimmung, aber zum Glück sind ein Jahr zuvor, 2026, neue Gesamterneuerungswahlen, welche die Mehrheiten ändern könnten.
Mehrheiten können sich ändern – wenn man vernünftige Politik will
Und genau hier zähle ich auf die grüne Wählerschaft. Wie kann es sein, dass die grüne Partei Subventionen von klimafeindlichen fossilen Energieträgern zustimmt? Das grenzt an politische Schizophrenie. Auf meine Frage im Parlament zu diesem Punkt konnten mir die Grünen auch keine gute Antwort geben. Es bleibt hier nur zu vermerken, dass klimabewusste Wählerinnen und Wähler in dieser Stadt nur eine Alternative haben, die FDP. Finanzpolitisch vernünftig und klimapolitisch stringent.
Mein Votum im Gemeinderat zu diesem Geschäft
Die gesamte Debatte finden Sie HIER
HIER (paid) ein Leitartikel zum Geschäft von der NZZ