Mehr Selbstverantwortung bei der eigenen Gesundheit
Veröffentlicht am 23.04.2019 von Marcel Müller, Gemeinderat FDP Kreis 9
Anfang April wurde im Gemeinderat ein Vorstoss überwiesen, der Gratistests für sexuell übertragbare Krankheiten fordert. FDP und GLP waren dagegen – aus guten Gründen. Die Tests werden nämlich von der Krankenkasse bezahlt. Damit sich mehr Menschen testen lassen, braucht es mehr Selbstverantwortung und nicht eine Umschichtung von Steuer- zu Gesundheitsgeldern.
Der Vorstoss von Marco Denoth und Patrick Hadi Huber (beide SP) fordert, dass in Zukunft in der Stadt Zürich für alle Gratistests für sexuell übertragbare Krankheiten angeboten werden. Dies macht aus Sicht der FDP keinen Sinn, denn damit würde unser bewährtes Gesundheitssystem ausgehebelt. Die Tests werden nämlich alle von der Krankenkasse bezahlt. Trotzdem haben viele, die häufig wechselnde Sexualpartner haben und sich daher drei- bis viermal im Jahr testen lassen sollten, die Krankenkassen-Franchise auf dem Maximum. Sicherlich gibt es einige, die aufgrund ihrer finanziellen Situation die Franchise nicht senken können. Diese erhalten jedoch Prämienverbilligungen. Aber es gibt auch sehr viele, die sich gerne die Tests von der Allgemeinheit finanzieren lassen und das bei den Prämien eingesparte Geld gerne anders nutzen. Diesen Trend wollen wir nicht fördern – es braucht dringend mehr Selbstverantwortung von uns allen in Bezug auf die eigene Gesundheit.
Gratis HIV-Tests sinnvoll – aber zielgerichtet
Noch immer stecken sich täglich Menschen mit dem HI-Virus an – auch in der Schweiz. Die Neuansteckungen stagnieren zwar, aber sie sinken nicht. Ziel muss es sein, mittelfristig das HI-Virus auszurotten. Dies ist jedoch nur möglich, wenn alle Menschen jederzeit über ihren HIV-Status Bescheid wissen. Nur so kann die Kette von Neuansteckungen unterbrochen werden. Da die HIV-Tests günstig sind (10 bis 15 Franken) und mit jeder verhinderten Neuinfektion teuren Therapien vorgebeugt werden kann, sind in diesem Bereich Gratistests durchaus sinnvoll. Ziel der Gratistests muss es aber sein, Menschen zu Tests bewegen zu können, die man bis heute kaum erreicht hat.
Gratistest für Chlamydien, Gonokokken und Syphilis nur mit Gutscheinen
Syphilis war in Europa während vieler Jahre ausgerottet. Heute verbreitet es sich wieder rasant im Ping-Pong-System – weil man sich leicht ansteckt und oft keine Symptome zeigt. Ähnliches gilt auch für Gonokokken und Chlamydien. Die Tests für diese drei Krankheiten sind relativ teuer (zwischen 140 und 300 Franken – je nach Anbieter). Gerade deshalb werden sie von vielen viel zu lange aufgeschoben und die Ansteckungen gehen weiter. Mit Gratistest könnte man allenfalls die Hemmschwelle zum Testen etwas senken. Denn wer sie über die Krankenkasse abrechnen will, kann sich nicht anonym testen lassen. Da aber eine beträchtliche Anzahl von Infizierten keine oder nur erst sehr spät Symptome zeigt, lässt ein relativ grosser Anteil von Menschen mit häufig wechselnden Sexualpartnern dauernd testen – bis zu mehr als zwölfmal pro Jahr. Dies macht aus medizinischer Sicht keinen Sinn und löst vor allem horrende Kosten aus. Drei bis vier Tests pro Jahr sind auch für diese Gruppe ausreichend und es ist daher zwingend, dass man bei diesen Tests mit einem Gutscheinsystem arbeitet. Von diesem Vorschlag in Form einer Textänderung wollten die Postulanten nichts wissen.
Hepatitis-C-Tests wenig sinnvoll
In der Schweiz leben heute relativ viele Untherapierte mit einer Hepatitis-C-Infektion, weil sie davon nichts wissen. Eine Heilung ist erst seit wenigen Jahren möglich und die Therapie ist kostenintensiv. Trotzdem ist es jedem und jeder zu empfehlen, sich einmal beim Hautarzt auf Hepatitis C testen und gegen Hepatitis A und B impfen zu lassen. Mehrmaliges testen macht aber nur für Menschen Sinn, die ein entsprechendes Risikoverhalten haben. Denn Das Hepatitis-C-Virus wird nur durch infiziertes Blut übertragen. Ein ständiges Testen macht daher für die meisten keinen Sinn und führt, falls zu häufig ohne Risikoverhalten getestet wird, zu verfälschten Testresultaten.
Da der Vorstoss von einer satten Mehrheit gegen den Willen von FDP und GLP überwiesen wurde, werden wir bei der Umsetzungsvorlage umso mehr unsere Augen offen halten und Inputs liefern. Vor allem werden wir darauf achten, dass die Tests durch die bereits etablierten privaten Teststellen wie Checkpoint oder Test-In resp. dem städtischen Ambulatorium durchgeführt werden und dafür nicht neue städtische Stellen geschaffen werden.